Ira David Sankey (1840 - 1908)

Sein Vater bemerkte reuevoll, dass alles, was sein Sohn tat, war „mit dem Gesangbuch unter dem Arm durch das Land zu laufen“, worauf seine Mutter erwiderte, sie würde „ihn lieber mit einem Gesangsbuch unter dem Arm als mit einer Flasche Whisky in seiner Tasche sehen!

Herr Sankey, der Gesang hier war schrecklich. Ich wünschte, Sie würden Etwas beginnen, wenn der Mann aufhört zu beten, wenn er es jemals tut.

DIESER ANMUTIGE SÄNGER VON EVANGELIUMSLIEDERN brachte den Erweckungskampagnen der Moody-Bewegung am Ende des 19. Jahrhunderts Auftrieb und Inspiration, welche die Herzen Tausender zur Annahme der Botschaften des berühmten Evangelisten vorbereiteten. Mehr als jeder andere Mensch bereitete Sankey den Weg einer Ära des Evangeliums-Gesangs, das den einfältigen gottesfürchtigen Menschen ein inspirierendes Ausdrucksmittel ihrer Hingabe an den Erlöser brachte. Selbst viele ohne ersichtliche religiöse Neigungen wurden dadurch, dass sie durch das Lied das Evangelium hörten, zu Glauben und Weihung hingezogen. 

Ira David Sankey wurde am 28. August 1840 in Edinburg im westlichen Pennsylvania als Sohn der frommen Methodisten David und Mary Sankey geboren. Als kleiner Junge war es eine seiner größten Freuden, an den Familientreffen am Kaminfeuer teilzunehmen, um die guten, alten Kirchenlieder zu singen. Vater David hatte eine prachtvolle Bassstimme und auch andere trugen dazu bei, ihre Stimmen harmonisch im Gotteslob einzubringen. Der junge Ira lernte schnell und konnte mit acht Jahren Noten lesen sowie viele Lieder richtig singen.

Geistige Entwicklung

In seiner Autobiographie spricht Ira Sankey herzlich von einem Herrn Frazer, der ihn zusammen mit seinen eigenen Kindern zur Sonntagsschule mitnahm und ihm die ersten Ideen des „heiligen Lebens“ vermittelte. Ira erinnert sich an seine Bekehrung im Alter von 16 Jahren, wodurch er wahrscheinlich sein volles Engagement für den Dienst Christi meint.

Im Jahr 1857 war er in der Bischöflichen Methodistenkirche in Newcastle [The Methodist Episcopal Church] tätig, wo sich die Familie niedergelassen hatte. Dort wurde er Superintendant der Sonntagsschule und Leiter des Chores. In jenen Jahren wurde die Orgel in der Kirche immer noch von vielen als weltlich, sogar gottlos, angesehen und um die Tonhöhe eines Liedes zu bestimmen, wurde eine Stimmgabel verwendet. Die Zeiten änderten sich aber und Sankey beschreibt seine Ehrgefühle als derjenige, der die Spielleitung auf der Orgel bei ihrer ersten Einführung in den Gottesdienst hatte.

Aus diesem Jungen wird nie etwas werden...

Das Hauptinteresse des jungen Mannes, der bei der von seinem Vater geleiteten Bank arbeitete, war stets seine Musik. Als Ira von einer Musikkonferenz in Ohio zurückkam, bemerkte sein Vater reuevoll, dass alles, was sein Sohn tat, war „mit dem Gesangbuch unter dem Arm durch das Land zu laufen“, worauf seine Mutter erwiderte, sie würde „ihn lieber mit einem Gesangsbuch unter dem Arm als mit einer Flasche Whisky in seiner Tasche sehen!

Beim Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkrieges im Jahr 1861 war Ira Sankey unter den Ersten, die dem Aufruf von Abraham Lincoln folgten. Nach Maryland gesandt, organisierte er einen Chor im Feldlager und leitete den Gesang, wobei er in den Gottesdiensten den Kaplan oft unterstützte. Nach Ablauf seiner Militärdienstzeit kehrte Ira zurück zur Arbeit mit seinem Vater, der vom Präsidenten Lincoln zum Steuereinnehmer der US-Finanzbehörde ernannt worden war.

Ira war als Solist bei Konferenzen der Sonntagsschulen und anderen Zusammenkünften sehr gefragt, dachte aber offenbar an keine musikalische Karriere und beanspruchte keinen Lohn für seine Dienste. Es scheint, dass er einer von diesen begabten Troubadouren war, für die das Singen so natürlich und so notwendig wie das Atmen war, und seit seiner Jugend brachte seine bemerkenswerte, klangvolle Stimme Gott Ehre und dem Volk Gottes großen Segen.

Treffen mit Moody

1867 wurde Ira Sankey zum Sekretär des in Newcastle neu gegründeten CVJM ernannt und später wurde er dessen Vorstand [Y.M.C.A als „Christlicher Verein Junger Männer“ 1844 in England gegründet, in Deutschland in den 1970er Jahren umbenannt in „Christlicher Verein Junger Menschen“, Anm. d. Übers.]. Als Delegierter der Internationalen Konvention in Indianapolis 1870 hoffte er, den sehr bekannten Evangelisten Dwight L. Moody anzutreffen, der dort erwartet wurde. Bei einer ziemlich schlecht besuchten Gebetsstunde am frühen Morgen ergab sich eine Gelegenheit. Nachdem Ira ein wenig zu spät gekommen war und hinten saß, erinnert er sich an die dringende Bitte eines ehrenwürdigen Pastors: „Herr Sankey, der Gesang hier war schrecklich. Ich wünschte, Sie würden Etwas beginnen, wenn der Mann aufhört zu beten, wenn er es jemals tut.
 
Als die Gelegenheit dazu kam, begann Herr Sankey mit dem bekannten Lied von William Cowper: „There is a fountain filled with blood“ [alle deutschen Titel siehe unten, Anm. d. Übers.]. Die Gemeinde schloss sich herzlich an und ein Ausdruck der Zuversicht erfüllte die Zusammenkunft. Als er danach Herrn Moodys Hand schüttelte, lernte Sankey den Mann kennen, mit dem er dank Gottes Vorsehung die nächsten 30 Jahre verbunden sein würde. 

Mit Verwunderung vernahm Sankey Moodys Wunsch, in seinen Erweckungskampagnen mitzuwirken und zunächst dachte er, es wäre nicht ernst gemeint. Für einen gerade verheirateten Mann mit Familie, einer sicheren weltlichen Position und einem zufriedenstellenden Dienst beim CVJM, schien dieser Vorschlag nicht in Frage zu kommen. „Aber ich habe auf dich acht Jahre gewartet“, beharrte Herr Moody und die Überzeugungskraft dieses großartigen Mannes veränderte den Lauf des Lebens von Ira Sankey.

Die Zusammenarbeit zwischen Moody und Sankey

Ihre gemeinsame Arbeit begann Anfang 1871 in Chicago. Das große Feuer im Oktober dieses Jahres, das die Stadt zerstörte, unterbrach ihre Pläne, aber das Werk wurde in einer provisorischen Kirche wieder aufgenommen, in der eine Ecke für einfache Schlafräume reserviert war. Der Wiederaufbau schritt voran und Sankey holte im Oktober 1872 seine Familie nach Chicago, um das Evangelisationswerk mit anderen fortzusetzen, während Moody in diesem Jahr England besuchte.

Ihr gemeinsamer denkwürdiger Erweckungsdienst auf den britischen Inseln begann im Juni 1873 und sie segelten nach Liverpool mit der selbst deklarierten Absicht, 10.000 Seelen für Christus zu gewinnen. Anfangs gab es einen gewissen Widerstand und ein Teil des religiösen Establishments blieb feindlich gesinnt. Wie Moody bemerkte: „Es war einfacher, den Teufel zu finden als die Geistlichen.“ Die Versammlungen wurden als „Vorführungen“ verspottet, die lediglich Emotionen erweckten - und es stimmte, dass bei Vielen Tränen flossen, als sie Herrn Sankey das Evangelium singen hörten.

Der Moody-Sankey-Stil erfüllte aber ein Bedürfnis und berührte eine Saite der Herzen Vieler. Jede Schicht der viktorianischen Gesellschaft wurde von den Auswirkungen dieser beiden amerikanischen Evangelisten ins Wanken gebracht. Während einige frühere Versammlungen schlecht besucht waren - sogar von nur sechs Personen - war ihre Anziehungskraft auf die Bevölkerung so groß, dass mehr als 20.000 an den Versammlungen in der Agricultural Hall in London teilnahmen.

Was war denn die Anziehungskraft?

Sankeys Melodien wurden mit Musik verglichen, die in Konzerthallen, Gasthäusern und auf der Straße gehört wurde; sie waren einfach zu lernen und zu behalten. Diejenigen, die nur an Psalmen in gereimten Versen in der Kirche gewohnt waren, fanden den neuen, äußerst persönlichen Stil oft sehr ergreifend. Eine erneute Botschaft der persönlichen Erlösung war an der Zeit und die meisten Lieder von Sankey waren dieser Art. Einfache aber kraftvolle Worte, gesungen zu simplen Melodien, ermöglichten es den Menschen, ihre Stimmen und ihre Herzen in viel persönlicherer Hingabe zu erheben, als dies Jahrhunderte der trockenen Rituale erreicht hatten.

 

Sankey schrieb zwar die Texte selten selbst, komponierte aber die Musik für viele der wunderbaren Lieder dieser Zeit, wie zum Beispiel: „Trusting Jesus“ „There were Ninety and Nine“, „A Shelter in the Time of Storm“ und „When the Mists Have Rolled Away“. Ein Lied, das für viele frühe Erneuerungsversammlungen charakteristisch war, hieß: „Hold the Fort“ von Philip P. Bliss, Sankeys Freund und Kollege. Eine seltene und knackende Aufnahme dieses Liedes gesungen von Sankey in seinen sechziger Jahren vermittelt durch die Kraft seiner außergewöhnlichen Baritonstimme immer noch die Leidenschaft der Botschaft des Evangeliums.*)


*) Sankey Sings God Be With You by Ira D. Sankey - Edison Cylinder Record


Sacred Songs and Solos

Es war in Großbritannien, wo er zum ersten Mal eine kleine Sammlung von 23 Liedern veröffentlichte, die für wenige Pennys erworben werden konnte. Die Nachfrage war so groß, dass weitere Liederbücher herausgegeben wurden. Mehr als ein Jahrhundert später ist Sankey der Sänger in Großbritannien, dessen Einfluss durch seine „Sacred Songs and Solos“ am deutlichsten weiterlebt [„Geistliche Lieder und Sologesänge“, als solche wurde diese Sammlung im deutschsprachigen Raum nie herausgegeben, wobei einige Lieder in der deutschen Ausgabe von „Evangelium-Sänger“ Band 1, 2 und 3 wiederzufinden sind, Anm. d. Übers.]. Diese Sammlung von 1.200 Evangeliums-Liedern ist in evangelikalen Gemeinschaften weit verbreitet und in Wales finden regelmäßig „Sankey-Abende“ statt. Bis heute wurden über 80 Millionen Exemplare vertrieben und eine reduzierte Auflage von 750 Liedern ist nach wie vor im Druck. Die Lizenzgebühren hätten Sankey ein kleines Vermögen eingebracht, aber ein Großteil des Geldes wurde für Moodys Bildungsprojekte verwendet, insbesondere für die Errichtung der Mädchenschule in Northfield, Massachusetts, Sankeys Heimatstadt.



Das Vorbild für die Evangelisation

Bis zu ihrer Rückkehr vom geistlichen Dienst in Großbritannien waren Moody und Sankey über das Gebiet von Chicago hinaus kaum bekannt. Sie kehrten mit weitverbreitetem Ruhm und Anerkennung zurück und wurden sogar bis heute ein Modell der Evangelisation in den Vereinigten Staaten. Erweckungskampagnen wurden quer durch Amerika, in Kanada und Mexiko sowie erneut in Großbritannien fortgesetzt.

 

Die großartige Partnerschaft dauerte bis zu Moodys Tod im Dezember 1899. Danach leitete Sankey für eine gewisse Zeit seine eigenen Gottesdienste mit geistlichen Liedern und Geschichten. In einer persönlichen Würdigung seines Mitarbeiters beschrieb Sankey Moody als „den größten und edelsten Mann, den ich je kannte. Seine stärkste Eigenschaft war der gesunde Menschenverstand. Die Armen hörten ihn gern, so wie sie es bei seinem Meister von damals taten. Die Reichen und Gelehrten waren von seinen einfachen, ernsthaften Worten entzückt.

 

Der fast 30 Jahre andauernde anstrengende Lebensstil beeinträchtigte Sankeys Gesundheit. 1903 wurde er von der Blindheit heimgesucht, die durch den grünen Star verursacht wurde. Seine verbleibenden Jahre verbrachte er in Brooklyn inmitten der Gesellschaft von lieben Freunden und der Familie. Ira D. Sankey beendete seinen irdischen Lauf am 13. August 1908. Sein bleibendes Erbe für die englischsprachige Welt ist, dass er, vor allen anderen, dem Volk des Herrn das Gefühl der Freude und der Gemeinschaft durch das Lied vermittelte. Und so jauchzen immer noch die Stimmen von Tausenden dem Herrn, wenn sie vor sein Angesicht mit Frohlocken kommen und zu seinen Vorhöfen mit Loben gehen.

 

Ein Dankpsalm



Jauchzet dem HERRN, alle Welt!

Dient dem HERRN mit Freuden;

kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!

Erkennt, dass der HERR Gott ist!

Er hat uns gemacht, und nicht wir selbst,

zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.

Geht zu seinen Toren ein mit Danken,

zu seinen Vorhöfen mit Loben;

danket ihm, lobet seinen Namen!

Denn der HERR ist freundlich,

und seine Gnade währet ewig

und seine Wahrheit für und für.

 

Psalm 100 [LUT 1912]


KEINEN SPOTT BITTE!

In einem Zirkus in Dublin sagte bei einer Gelegenheit ein Clown zu einem anderen: „Ich fühle mich heute Abend ziemlich Moody [wörtlich „launisch“, Anm. d. Übers.]. Wie fühlst du dich?“ Der andere antwortete: „Ich fühle mich ziemlich Sankey-monious.“ [„sankeyhaft“ - Wortspiel in Bezug auf die beiden Namen, Anm. d Übers.] Diese Nebenhandlung stieß nicht nur auf Zischen, sondern das gesamte Publikum stand auf und verband sich großartig, indem es eines unserer Lieder sang: „Hold the fort, for I am coming.“

                                                              - Sankeys Geschichte aus seinem eigenen Leben -



Übersetzung der Liedtitel:


- There is a fountain filled with blood -

      1.) „Ein heilger Born, gefüllt mit Blut“ übersetzt durch P. W. Bickel

      2.) „Es ist ein Born, draus heil’ges Blut für arme Sünder quillt“

      übersetzt durch E. H.  Gebhardt [jedoch mit einer anderen Melodie, Anm. d.

      Übers.]

- Trusting Jesus -

      1.) „Jesus trau‘ ich Tag für Tag“ übersetzt durch W. Appel

      2.) „Glaube einfach jeden Tag“ übersetzt durch E. H. Gebhardt

- There were Ninety and Nine -

      „Neunundneunzig der Schafe“ übersetzt durch T. Kübler

- A Shelter in the Time of Storm -

      „Gott ist mein Hort“ übersetzt durch W. Rauschenbusch

- When the Mists Have Rolled Away -

      „Wenn sich der Nebel aufgelöst hat“

      [keine Entsprechung im Deutschen, Anm. d. Übers.]

- Hold the Fort -

      1.) „Seht ihr nicht die Banner glänzen?“ übersetzt durch P. W. Bickel

      2.) „Brüder, seht die Bundesfahne“ übersetzt durch E. H. Gebhardt


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